von Paula Küppers
An einem gemütlichen Samstagabend gehe ich gerne raus und renne vor Typen mit Messern weg. Klingt komisch? Würden aber mindestens die Hälfte der Menschen genau so unterschreiben. Das könnte man zumindest meinen, wenn man einer Umfrage von Syfy glaubt: 51 Prozent der Konsumenten schauen nämlich gerne Horrorfilme. Dass man sich beim Anschauen einer Verfolgungsjagd so fühlt, als würde man selbst verfolgt werden, ist dabei kein Geheimnis. Irgendwie paradox, oder? Vermutlich hätte fast niemand Interesse daran, anderthalb Stunden lang gefoltert oder abgeschlachtet zu werden, aber trotzdem schaut man sich Filme an, die einem genau diese Gefühle vermitteln.
Woran liegt das?
Kurze Geschichtsstunde
Horrorfilme gibt es schon seit Beginn der Filmgeschichte. Der allererste Horrorfilm heißt Le Manoir du Diable, ist nur drei Minuten lang und wurde schon 1896 gedreht. Zum Vergleich: Die erste Kinovorstellung hatte erst ein Jahr zuvor stattgefunden. Obwohl das Ergebnis nicht besonders gruselig, sondern aus heutiger Sicht eher lustig ist, zeigt das: Die Menschen waren schon immer fasziniert von der Angst. Das hat bis heute angehalten. Horrorfilme wie It oder Annabelle gehörten in den letzten Jahren zu den erfolgreichsten Filmen, Produktionen wie das Texas Chainsaw Massacre, Der Exorzist oder The Ring sind mittlerweile Kultklassiker.
Dabei gelten Horrorfilme gemeinhin eigentlich als ein Filmgenre ohne besonders hohe Qualität. Nur ein einziger Horror-/Thrillerfilm hat bis jetzt den Oscar für „bester Film“ gewonnen (Das Schweigen der Lämmer). Meist werden die Streifen eher als billig, klischeebehaftet und nicht besonders tiefgründig wahrgenommen.
Natürlich ist das nicht immer gerechtfertigt: Das Horrorgenre konnte sich in letzter Zeit durch sozialkritische oder psychologisch motivierte Filme wie Get Out oder Hereditary rehabilitieren. Auch früher schon zeigten innovative Filme wie The Blair Witch Project, welches Potential im Horrorfilm steckt. Die Beschäftigung mit den eigenen Ängsten kann Thriller- und Horrorfilme eine enorme Tiefe verleihen (wenn euch interessiert, wieso die eigene Psyche einem Angst mache, schaut mal bei unserer Analyse von Split vorbei).
Die Vorurteile gegenüber dem Genre entsprechen also nicht ganz der Wahrheit. Trotzdem schauen viele (wenn nicht die meisten) Horrorfans die Filme nicht wegen der tiefgründigen Story oder der tollen Kameraführung, sondern eben zur Unterhaltung. Das zeigt auch die Existenz vom Horror-Subgenre Torture-Porn oder von Slasher Filmen, die fast keine Story haben. Der Haupt-Zweck solcher Filme ist es, beim Zuschauenden so viel Angst, Ekel oder Unbehagen auszulösen, wie möglich. Warum also geht man ins Kino mit der Absicht, solche negativen Emotionen zu fühlen?
Auf die Belohnung kommt es an
Dafür muss man erst einmal wissen, warum wir Menschen überhaupt Dinge tun. Der größte Grund dafür ist nämlich ein Neurotransmitter, das Dopamin. Man kennt es als den „Belohnungstransmitter“ – wenn das Gehirn Dopamin ausschüttet, fühlt sich der Körper gut. Wie eine Droge wird der Transmitter immer dann ausgeschüttet, wenn wir ein Ziel erreichen. Die Aussicht auf Dopamin motiviert uns also dazu, etwas zu tun. So ein Ziel kann dabei zum Beispiel sein, einen Apfel zu essen, einen neuen Instagram-Post auf seiner Timeline zu sehen, oder etwas Größeres wie eine Beförderung kriegen – oder eben vor einem Mörder weglaufen.
Menschen sind also von Dingen unterhalten, die die Dopaminproduktion anregen. Das tun die meisten Filme, indem sie Spannung in die Story einbauen. Ihr kennt das bestimmt: Man fiebert richtig mit dem Hauptcharakter mit. Man will, dass er sein Zeil erreicht, indem er den Bösen besiegt, mit dem Schwarm zusammenkommt oder die Welt rettet. Wenn dieses Ziel dann erreicht wird, gibt der Körper einem die Dopamin-Belohnung.
Viele Experten haben die Theorie, dass Horrorfilme für einen stärkeren Dopaminfluss sorgen, weil sie höhere Spannung erzeugen – je größer die Bedrohung, die die Hauptperson schlagen muss, desto besser fühlt man sich am Ende. Die These ist aber umstritten, weil Studien zu dem Thema unterschiedliche Ergebnisse geliefert haben. Außerdem erklärt sie nicht, warum es so große Unterschiede darin gibt, ob man Horrorfilme mag oder nicht.
Es gibt wahrscheinlich kein Filmgenre, das so polarisiert wie die Gruselstreifen: Entweder man hasst sie und würde nicht von zehn Pferden in einen Kinosaal gezogen werden, in dem Annabelle läuft – oder man freut sich das ganze Jahr auf Oktober, weil da endlich wieder die Halloween-Reihe im Fernsehen kommt. Wenn alles nur mit dem Dopamin zu tun hätte, müssten ja alle Menschen gleich gerne Horrorfilme schauen.
Stress - macht das Spaß?
Hier kommt ein zweiter Transmitter ins Spiel: Das Adrenalin. Es wird in Stresssituationen ausgeschüttet und löst den „Fight-or-Flight response“ aus – der Körper will entweder so schnell wie möglich weg oder dableiben und kämpfen. Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen unterschiedlich viel Freude bei Adrenalinausschüttung empfinden. Manche suchen mit Absicht Situationen, in denen sie solche extremen Gefühle spüren. Es könnte also sein, dass die Menschen, die gerne Horrorfilme schauen, einfach Adrenalinjunkies sind.
Außerdem spielt natürlich die Amygdala eine große Rolle. Sie ist das Angst-Zentrum des Gehirns und gleichzeitig auch sein evolutionär ältester Teil. Wenn man etwas sieht, das mit Angst assoziiert wird, löst die Amygdala eine Kettenreaktion aus. Die führt dazu, dass man zusammenzuckt, wegrennt oder schreit (die Reaktion hat natürlich auch mit Adrenalin zu tun). Evolutionär ist Angst wichtig für den Menschen gewesen: Wer zu wenig Angst hat, merkt zu spät, wenn er in einer lebensgefährlichen Situation ist. Manche Wissenschaftler meinen, ob man Horrorfilme mag, hängt davon ab, wie stark die Amygdala bei Gefahr aktiviert wird.
Von Resilienz und Gewaltfetischismus
Es gibt auch noch einige andere Theorien, die allerdings nicht wissenschaftlich bewiesen sind. Zum Beispiel glauben manche Experten, dass man beim Anschauen von Horrorfilmen einübt, wie man sich in gefährlichen Szenarien zu verhalten hat. Einmal konkret (Was muss ich tun, wenn ein Mörder hinter mit her ist?) aber auch im abstrakten Sinne (Wie geht man mit extremen Gefühlen wie Angst oder Stress um?). Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass Horrorfans resilienter sind als Nicht-Horrorfans (die Studie ist unten in den Quellen verlinkt).
Manche Anhänger von Sigmund Freud sagen auch, dass man sich beim Zugucken nicht mit dem Opfer, sondern mit dem Bösewicht identifiziert. Laut Freud gibt es in jedem Menschen einen Todestrieb - aggressive (auch sexuell konnotierte) Tendenzen, die beim Beobachten von Gewalt - wie es bei Horrorfilmen ja der Fall ist – indirekt ausgelebt werden können. Nach dieser Theorie ist das Anschauen der Filme voyeuristisch motiviert, ähnlich wie beim Pornos-Schauen.
Quick Facts
Eine finale, wissenschaftlich fundierte Antwort auf die Frage, warum wir uns freiwillig und zur Unterhaltung Angst aussetzen, gibt es bis jetzt leider noch nicht. Vielleicht ist es auch eine individuelle Kombination aus vielen verschiedenen Gründen. Klar ist aber: Menschen, die gerne Horrorfilme schauen, haben häufiger Charakterzüge wie ein niedrigeres Empathieempfinden und niedrigere Ängstlichkeit. Es gibt auch eine klare Geschlechterverteilung: Männer mögen Horrorfilme häufiger als Frauen. Das könnte damit zusammenhängen, dass Frauen anfälliger für Ekel sind, mehr Mitgefühl zeigen und angstanfälliger sind. Sogar Kinder interessieren sich schon für Dinge, die ihnen Angst machen.
Fazit
Man erkennt also: Es kann gut sein, dass Horrorfilme einen wichtigen Teil unseres Innenlebens ansprechen. Vielleicht sind sie also deshalb so beliebt. Auch, wenn es keine definitive Antwort auf die Titelfrage gibt, hoffe ich, ihr fandet den kurzen Überblick über die Mechanismen hinter Angst und Motivation interessant. Vielleicht habt ihr auch gemerkt, dass es sich doch lohnt, mal wieder einen Horrorstreifen anzuschauen. Wenn ihr Feedback habt, schreibt uns wie immer gerne bei Instagram oder kommentiert direkt hier unter dem Artikel!
Quellen/ Hier könnt ihr weiterlesen:
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